Alles über Intervalle in der Musik: Bestimmen, analysieren und richtig hören

von Elke Galvin April 10, 2024 • 7 Min. Lesezeit
Lerne alles über Intervalle, die Grundbausteine von Harmonie und Melodie. Intervalle bestimmen benötigt neben Verständnis auch Gehörtraining. Verstehe die Musiktheorie dahinter und wende Intervalle sofort praktisch auf dem Klavier an. Inklusive Notenbeispielen und viel Musik zum Lernen!
Intervalle
Musik entsteht aus Intervallen: Diese bilden die Grundlage von Harmonien, Akkorden und Melodien. Hier lernst du, welche Intervalle es gibt, wie sie eingeteilt werden, welche Intervalle dissonant und konsonant sind. Du lernst Intervalle richtig zählen und bestimmen - und du erfährst, wie du dein Gehör und Blattlesen trainieren kannst. Viele Beispiele erklären dir alles anschaulich.
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Was sind Intervalle?

Als "Intervall" bezeichnet man den Abstand der Tonhöhe zwischen 2 Tönen. Jeder dieser Abstände zwischen zwei Tönen hat einen eigenen Namen - und dann gibt's noch eine Art Feinbestimmung wie "groß, klein, rein, ...", die du vielleicht schon gehört hast. Keine Sorge - das Ganze klingt komplizierter als es ist. Du kannst die beiden Töne eines Intervalls hintereinander spielen (z.B. als Teil einer Melodie) oder gleichzeitig (z.B. als Teil eines Akkords).

Intervallnamen

Für das Bestimmen des Intervallnamens zählst du, wieviele Töne der Abstand zwischen zwei Tönen umfasst. WICHTIG! Du zählst den Ausgangston und den Endton mit.

  • Die Prim(e): Genau der gleiche Ton wie der Ausgangston, z.B. C-C
  • Die Sekund(e): 2 Töne "nebeneinander", z.B. C-D.
  • Die Terz: 3 Töne. Ausgangston - einer dazwischen - Endton, z.B. C-E
  • Die Quart: 4 Töne. Ausgangston - zwei dazwischen - Endton, z.B. C-F
  • Die Quint(e): 5 Töne. Ausgangston - drei dazwischen - Endton, z.B. C-G
  • Die Sext(e): 6 Töne. Ausgangston - vier dazwischen - Endton, z.B. C-A
  • Die Sept(ime): 7 Töne. Ausgangston - fünf dazwischen - Endton, z.B. C-H
  • Die Oktave: Der Achte Ton. Es handelt sich um denselben Ton wie den Ausgangston, nur eben ein System höher.

Hier siehst du die 8 Intervalle jeweils gleichzeitig (also übereinander) notiert, in den Stammtönen (also Tönen ohne Vorzeichen), beginnend bei C.

Intervalle

Kleine, große, verminderte oder übermäßige Intervalle

Wenn du dir das Notenbeispiel oben angesehen hast, ist dir vielleicht etwas merkwürdig vorgekommen: Wie kann, zum Beispiel, C-D eine Sekund sein, und C-H genauso eine Sekund sein, wenn doch die Abstände unterschiedlich sind? Zwischen C und D liegen ja zwei Halbtonschritte - einer von C auf Cis und einer von Cis auf D. Und zwischen C und H liegt nur ein Halbtonschritt. Was ist hier los?

In dieser Darstellung ist es vielleicht noch deutlicher ersichtlich:

Intervalle nacheinander

Noch etwas ist dir vielleicht aufgefallen: Wir haben 12 Töne in einer Oktave, aber nur 8 Intervallbezeichnungen. Was ist mit den übrigen Tonabständen, z.B. C-Fis? Wie heißen sie?

Hier ist die Auflösung!

Es gibt zu allen Intervallen auch eine "Feinabstimmung" - eben genau um Halbtonschritte und "schwarze Tasten" zu berücksichtigen. Dazu teilen wir die 8 Intervalle zunächst ein in reine Intervalle und "unreine":

  • Reine Intervalle: Prime, Quarte, Quinte, Oktave
  • Unreine Intervalle: Sekunde, Terz, Sexte, Septime

Reine und unreine Intervalle

Natürlich sind Intervalle wie die Sekunde, Terz, Sexte, Septime nicht schmutzig. "Unrein" heißt in diesem Zusammenhang nur, dass diese Tonabstände ihren Intervallcharakter behalten, auch wenn sie einen Halbton höher oder tiefer gespielt werden. Es gibt die Sekund, Terz, Sexte und Septime also in jeweils 2 Ausgaben - groß oder klein. Man hört zwar den Unterschied, aber es ist immer noch z.B. die Terz deutlich erkennbar. Du kannst es hören, wenn du die folgenden Akkorde auf dem Klavier spielst:

Unreine Intervalle

Und die reinen Intervalle?

Die reinen Intervalle behalten ihren gut erkennbaren "hohlen" Charakter nur, wenn genau die Prime, Quarte, Quinte oder Oktave gespielt wird. Ein Halbton höher oder tiefer - und die Quinte klingt nicht mehr nach Quinte! Daher gibt es keine "große oder kleine Quinte", sondern eine reine Quinte.

Einen Halbton höher gespielt, nennt man die Quinte übermäßig, einen Halbton tiefer gespielt vermindert.

Und natürlich gilt auch hier das Prinzip der enharmonischen Verwechslung. Das heißt, man kann z.B. das Intervall C-Gis als übermäßige Quinte oder kleine Sexte beschreiben - und beides stimmt! Knifflig ist die Frage, ob es eine verminderte Prime gibt - hier scheiden sich die Geister der Musiktheoretiker, aber in deiner Klavierpraxis soll dich das nicht aufhalten.

Hier sind Beispiele für reine, übermäßige und verminderte Intervalle! Wenn du dein Intervall-Wissen festigen willst, kannst du dir überlegen, wie ihre entsprechenden enharmonischen "Zwillinge" lauten würden:

reine Intervalle

Konsonante und dissonante Intervalle

Zwei Töne stehen, genau wie zwei Menschen, in Beziehung zueinander, in einem mehr oder weniger großen Spannungsverhältnis. Und eine solche Beziehung kann:

  • harmonisch, entspannt und stabil sein - also konsonant, oder
  • sich unharmonisch "reiben", gespannt und instabil sein - also dissonant.

Beides hat seine Funktion und Berechtigung, denn die Musik lebt vom Wechsel zwischen Spannung und Dissonanz und harmonischer Konsonanz!

  • Konsonanzen hörst du oft als letzte Töne eines Stückes - im wahrsten Sinne "löst sich alles in Wohlgefallen auf".
  • Dissonanzen führen oft erst zur finalen Auflösung durch Konsonanzen hin, sie bilden Übergänge und/oder "färben" Stücke und machen sie musikalisch interessant.

Welche Intervalle wir als konsonant oder dissonant empfinden, ist Gewohnheit. Unsere heutige westliche Hörgewohnheit nimmt folgende Intervalle als dissonant wahr:

  • Die große und kleine Sekunde
  • Die große und kleine Septime
  • Den Tritonus (die übermäßige Quarte oder verminderte Quinte - jener Ton, der die Oktave genau in zwei Hälften teilt. Dieser Ton wurde früher ganz deftig "Teufel in der Musik" genannt, so scheußlich klang er für die Ohren unserer Vorfahren.

Spiele die folgenden Intervalle am Klavier, um diese Dissonanzen zu hören:

Dissonanzen

Intervalle richtig zählen und bestimmen

Nun weißt du

  • welche Intervalle es gibt
  • wieviele Tonstufen sie vom Grundton entfernt sind
  • welche Feinabstufungen und Varianten es gibt, und
  • wie diese klingen.

Wenn du weiterliest, erfährst du, wie du jedes beliebige Intervall zählst und bestimmst und wie du es dir fürs Notenlesen fürs Blatt merken kannst.

Du siehst also zwei Töne und willst wissen, welches Intervall du genau vor dir hast. Dazu zählst du die einfach die Halbtonschritte von einem Ton des Intervalls zum anderen. Weil das oft unklar ist: Ausgangs- und Endton zählst du natürlich mit. Hier ein Überblick:

Intervalltabelle

Lerne alle Intervalle hören

Fürs Notenlesen vom Blatt ist es hilfreich, wenn du dir die Intervalle vorstellen oder sie singen/summen kannst. Am Schnellsten und Leichtesten geht diese Gehörbildung, indem du dir für jedes Intervall einen Songanfang oder eine charakteristische Melodie merkst.

Die ultimative Intervall-Liste

Hier ist eine Liste von bekannten Stückanfängen, die dir beim Erlernen des Intervallhörens große Dienste leisten kann - und gleich darunter auch alle Noten dazu. Du kannst dir natürlich auch deine eigene Liste zusammenstellen!

  • Prime: Die ersten drei Töne aus Beethovens 5. Sinfonie ("Schicksalssymphonie")
  • Kleine Sekunde: Abwärts "Für Elise" von Beethoven, aufwärts das "Pink Panther Theme" (Henry Mancini)
  • Große Sekunde: Abwärts "Yesterday" von den Beatles, aufwärts "Happy Birthday"
  • Kleine Terz: Abwärts "Morgenstimmung" aus der Peer Gynt Suite, aufwärts "Seven Nation Army" (White Stripes) oder einfach der Ruf des Kuckucks.
  • Große Terz: Abwärts "Swing Low, Sweet Chariot", aufwärts "Kum-Ba-Yah!"
  • reine Quarte: Aufwärts und abwärts: "Eine kleine Nachtmusik" (Mozart)
  • Tritonus: Abwärts "Danse Macabre" (Saint-Saens), aufwärts "Maria" aus der West-Side-Story von Leonard Bernstein
  • Reine Quinte: Abwärts "Flintstones"-Thema, aufwärts "Star Wars"-Thema von John Williams
  • Kleine Sexte: Abwärts "Love Story"-Thema, aufwärts "Lacrimosa" aus dem Mozart-Requiem.
  • Große Sexte: Abwärts "Nobody Knows the Trouble I've Seen", aufwärts "My Way" (Frank Sinatra)
  • Kleine Septime: Abwärts "Ein Amerikaner in Paris" (George Gershwin), Aufwärts "The Winner Takes It All" (ABBA)
  • Große Septime: Abwärts "I Love You" (Cole Porter), aufwärts "Don't Know Why" (Norah Jones)
  • Reine Oktave: Abwärts "Hot Cross Buns", aufwärts "Over the Rainbow" (Harold Arlen)

Warum überhaupt Intervalle lernen?

Es ist sehr praktisch, wenn du - mit Übung - sofort weißt, wie viel Abstand zwischen zwei Tönen ist (oder sein muss). Einige Beispiele:

  • Blattspielen wird einfacher: Wenn dir z.B. jemand sagt "spiele eine reine Quart auf dieses F folgend" kannst du das problemlos tun,
  • Notenlesen wird einfacher: Wenn du in deinen Noten z.B. eine kleine Sext nach oben und dann eine kleine Terz abwärts erkennst, dann kannst du dir diese Intervalle innerlich vorstellen und "hörst" in Gedanken die Melodie.
  • Gemeinsam musizieren wird einfacher: Wenn jemand dich auffordert, zu einer Melodie die "zweite Stimme" in großen Terzen zu singen, findest du das ziemlich einfach
  • Mit soliden Intervallkenntnissen bastelst du dir jeden beliebigen Akkord, den du brauchst und jede beliebige Tonleiter
  • Gehörbildung: Wenn du zwei Töne hörst, weißt du mit etwas Training ihren Abstand zueinander.

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AUTORIN
Elke Galvin
Elke Galvin ist britisch-österreichische Sängerin und Multiinstrumentalistin. Sie arbeitet seit über 25 Jahren sowohl als Musikerin als auch als Journalistin. Sie ist nicht nur Songwriterin, sondern liebt es auch, über Musik zu schreiben! Ihre Leidenschaft ist es, Musiktheorie leicht verständlich zu machen, über Musikstile zu schreiben, über Musik und das Gehirn, und darüber, wie man Spaß am Lernen und Spielen von Musik hat.

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