Wie lange dauert es, Klavier zu lernen?

von Elke Galvin August 02, 2023 • 6 Min. Lesezeit
Du hast dich entschlossen, Klavier zu lernen, und fragst dich nun, wie lange du dafür brauchen wirst? Hier erfährst du, wie du am besten damit anfängst und schnell Klavier spielen lernen wirst!
Person spielt Klavier
Weißt du, worauf du dich beim Klavier spielen lernen einlässt? Und was du am Besten tun kannst, um möglichst schnelle Fortschritte am Instrument zu machen? Wir erklären dir, wie du mit einer positiven Grundeinstellung und einem "Pianist*innen-Mindset" deine neuen Erfahrungen am Klavier so schön und gleichzeitig so produktiv wie möglichst gestalten kannst.
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Das Mindset ist (fast) alles

Wie in vielen anderen Disziplinen - beispielsweise im Sport - geht es auch beim Klavierspielen weniger darum, "begabt" zu sein oder die perfekte "Ausrüstung" zu haben. Das Ergebnis beim Klavier lernen hängt maßgeblich davon ab, mit welchem "Mindset", also mit welcher Grundeinstellung du dich das erste Mal an das Klavier setzt.

Du wirst so Klavier spielen, wie du übst

Dies ist wahrscheinlich eine der wichtigsten Regeln beim Erlernen des Klavierspiels: Je gewissenhafter und musikalisch ausdrucksvoller du von Anfang an an die Sache heran gehst, desto besser werden deine Ergebnisse sein. Wenn du davon ausgehst, dass es schon eine Herausforderung ist, deine Finger dazu zu bringen, die Melodie zu spielen, dann bedenke, dass einmal eingeführte Gewohnheiten (wie z.B. monotones Abspielen der Noten) nur schwer wieder abgelegt werden können. Um nicht im Nachhinein zusätzliche musikalische Gestaltung mühsam und vor allem zeitintensiv "on top" zu lernen, konzentriere dich von Anfang an darauf, auch ausdrucksvoll Klavier zu spielen.

Von Anfang an "all in"

In der Fahrschule musstest du vielleicht bereits lernen, gleichzeitig Pedale, Lenkrad, Verkehrsschilder und -regeln zu koordinieren. So ähnlich ist es auch beim Klavier lernen. Berücksichtige also auch hier eine gute Haltung, Fingersätze und musikalische Zeichen von Anfang an (z.B. "p" - piano für leises Spielen und "crescendo", um die Lautstärke langsam zu steigern). Fingersätze z.B. sind wie Spickzettel: Sie vermeiden komplizierte Fingerakrobatik und erleichtern dir das Üben ungemein. Einmal gleich zu Beginn richtig eingeübt, werden deine Finger sich den Ablauf mit der Zeit ganz automatisch merken. Wer es einmal "falsch" gemacht hat, weiß: Einmal den falschen Fingersatz eingeübt, wird man ihn nur sehr schwer mit mit viel Frustration wieder los.

Integriere das Üben in deinen Alltag

Dich am Sonntagnachmittag 3 Stunden zum Klavier üben zurückzuziehen, ist im Hinblick auf Kontinuität nicht ideal. Besser ist es, das Üben in die tägliche Routine zu integrieren. Das ermöglicht dir nicht nur, schnell dort anzuknüpfen, wo du gestern aufgehört hast, sondern ist auch leichter mit dem Schul-/Arbeits- und/oder Familienleben vereinbar. Schon 10-15 Minuten täglich nach dem Abendessen (oder zu jedem anderen Zeitpunkt, der es in deinem Alltag erlaubt) bringen dich im Wochendurchschnitt auf 1,75 Stunden reine Übezeit am Klavier! Klingt doch gut, oder?

Lerne Stücke und Songs, was du wirklich spielen möchtest

Gerade am Anfang gibt es Grundlagen, die einfach dazugehören (Notenabfolgen spielen und die eine oder andere Tonleiter lernen). Aber sobald du in der Lage bist, kürzere Stücke zu üben oder Melodien zu lernen, suche dir Stücke aus, die du auch wirklich magst. Motivation ist so wichtig! Je mehr du spielst, was du magst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du weiter Klavier lernst und dran bleibst!

Person spielt auf einem mit Blumen dekorierten Klavier

3 Tipps für eine positive Einstellung am Klavier

Du wirst umso schneller Klavier lernen, wenn du mit einer positiven Grundeinstellung an die Sache heran gehst. Dazu zählt:

Setze dir realistische Ziele

Viele Menschen geben nach nur kurzer Zeit wieder auf, Klavier zu lernen. Das liegt oftmals aber weniger an den Umständen oder dem sagenumwobenen "musikalischen Talent", sondern ganz einfach an der eigenen Erwartungshaltung und Vorstellung davon, was "Klavier spielen" bedeutet. Plane deshalb von Anfang an realistische Etappenziele, die du innerhalb kurzer Zeit erreichen wirst. Denn das wird dich motivieren, weiter zu üben und die Leiter stetig "hinauf "zu klettern. Deshalb bitte keine "Mondschein-Sonante" oder "Chopin Etüde" für den Anfang (ja, auch wir finden die vielen Reels auf Instagram und Co. toll und würden am liebsten auch gleich so spielen können, aber auch die Klavierspieler*innen im Internet haben erst einmal angefangen, Klavier zu lernen, bevor sie so spielen (und aufnehmen) können) - vielleicht gelingt es dir ja auch irgendwann! Dennoch: Ein weitaus realistischeres Ziel kann es zu Beginn sein, z.B. "Für Elise" von Beethoven nach einem oder zwei Jahren zu spielen. Wenn dir das zu langfristig voraus geplant ist, setze dir ein näheres Ziel, z.B. "Wellerman" oder deinen Lieblings-Song in einer einfachen Anfänger-Version innerhalb der ersten 6 Monate spielen zu können.

Positive Selbstreflexion

Viele Teenager und Erwachsene sind viel selbstkritischer als Kinder. Kinder freuen sich vor allem über die Fähigkeiten, die sie haben oder gerade erlernt haben, anstatt sich auf das zu konzentrieren, was ihnen fehlt und was sie nicht können. Versuche dir, daran ein Beispiel zu nehmen und mache dir eher bewusst, was du bereits erreicht hast: Eine Tonleiter spielen, die ersten 4 Akkorde deines Lieblingssongs auswendig lernen? Das ist toll! Mach weiter so!

Klavier üben ist Selfcare

Neben dem Schularbeiten machen oder den Wocheneinkauf erledigen, musst du auch noch das Klavier üben irgendwo unterbekommen, dabei hast du gar keine Zeit für so viele To-Do's am Tag? Stopp! Das ist genau der Gedankenstrudel, der dich irgendwann dazu bringen wird, das Klavier spielen als Erstes aufzugeben (Nach dem Motto es sei ja "nur" etwas, das du in deiner Freizeit machst) Das Klavierspielen sollte auf keinen Fall zu einer weiteren lästigen Pflicht werden. Versuchen stattdessen, es als eine Gelegenheit zur eigenen Selbstfürsorge zu sehen. Beim Klavier üben konzentrierst du dich darauf, etwas für sich selbst zu tun. Du machst etwas, das dich glücklicher, intelligenter, kreativer, empathischer, entspannter macht. Es hat also extrem viele Vorteile, selbst wenn du manchmal nicht wirklich vorwärts zu kommen scheinst. Selbst 10 Minuten helfen dir, abzuschalten, dich am Stück mit etwas anderem zu beschäftigen, dich zu konzentrieren, deine Finger zu bewegen. Siehst du - es ist das Mindset, das dich weiter bringen wird!

Eine Frau bringt einem Kind Klavier spielen bei

Das passiert, wenn du jeden Tag 20 Minuten Klavier übst

Nach einem Monat

  • Korrekte Sitz- und Handhaltung
  • Noten lesen
  • C-Dur Tonleiter mit rechter und linker Hand (mit richtigem Fingersatz)
  • Parallel mit beiden Händen spielen
  • Intervalle spielen

Nach 2 Monaten

  • Akkorde spielen (z.B. Kadenzen)
  • Zweihändig ein leichtes Stück spielen (mit ruhiger linker Hand)
  • Musikalische Melodieführung (leise, laut)

Nach 3 Monaten

  • Einfache Klavierstücke (leichter Rhythmus, ruhige linke Hand)
  • Klavier spielen mit Pedal
  • Musikalische Gestaltung
Hände spielen auf einem Klavier

Genres nach Schwierigkeitsgrad

Pop/Rock

Nach einigen Wochen solltest du in der Lage sein, Melodien deiner Lieblings-Pop-Songs zu spielen. Eventuell gelingt es dir sogar schon, einzelne Töne mit der linken Hand zu spielen oder die Grundakkorde des Songs auswendig am Klavier zu spielen.

Klassik

Klassische Musik am Klavier zu spielen, kann vieles bedeuten, angefangen bei einfachen Menuetten bis hin zu schwierigen Etüden von Chopin. Nach einigen Monaten wirst du aber bereits erste klassische Stücke (z.B. von W. A. Mozart oder J. S. Bach) spielen können.

Jazz

Für Jazz sollte man bereits einiges Repertoire "in den Fingern" haben. Denn es geht weniger um das Erlernen der Notation des Stückes als um die freiere Gestaltung der Musik. Dabei macht das eigentliche Einstudieren des Stückes maximal ein Drittel der Übezeit aus. Für Jazz sollte man mindestens ein Jahr Klavier gespielt haben.


AUTORIN
Elke Galvin
Elke Galvin ist britisch-österreichische Sängerin und Multiinstrumentalistin. Sie arbeitet seit über 25 Jahren sowohl als Musikerin als auch als Journalistin. Sie ist nicht nur Songwriterin, sondern liebt es auch, über Musik zu schreiben! Ihre Leidenschaft ist es, Musiktheorie leicht verständlich zu machen, über Musikstile zu schreiben, über Musik und das Gehirn, und darüber, wie man Spaß am Lernen und Spielen von Musik hat.

Häufige Fragen

  • Warum dauert es so lange, Klavier zu lernen?
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    Klavier zu spielen erfordert Koordination. Um diese zu lernen muss man die Abfolgen wieder und wieder wiederholen. Wie auch beim Autofahren müssen wir Zeichen übersetzen, unsere Hände und Füße koordinieren und Regeln beachten - gleichzeitig! Überfordere dich nicht mit zu hohen Zielen. Step-by-step ist auch hier ein guter Grundsatz. Frage dich zum Beispiel, wie lange es dauert, bis du eine Abfolge von 5 Tönen spielen kannst. Das schaffst du an einem Tag? Wunderbar - so solltest du weitermachen.
  • Wie soll ich beginnen?
    mehr anzeigen
    Im Internet gibt es heute zahlreiche Methoden, die dir Klavier spielen beibringen. Oftmals sind es alternative Lernmethoden, die dir die Angst vor großen Hürden nehmen wollen, z.B. nach Gehör zu spielen, Tastenabfolgen nachzuspielen, etc. Hier musst du für dich ausprobieren, welche Methode am Besten zu dir passt. Solltest du ohne viel Recherche einfach starten wollen, so ist es aber immer gut, zuerst Tonabfolgen (z.B. die der C-Dur-Tonleiter) zu üben, mit beiden Händen einzeln und dann zusammen. Um das Noten lesen wirst du früher oder später nicht herum kommen, deshalb raten wir dir, von Anfang an dieses auch zu üben. Es wird dir vieeel Zeit und Ärger in näherer Zukunft ersparen.
  • Wie lange muss ich üben, damit ich Klavier spielen kann?
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    So lange du möchtest, ist die klassische Antwort. Auch wenn sie sehr vage ist, ist sie dennoch wahr! Wenn dir das Üben Spaß macht, spiele weiter, umgekehrt heißt es aber auch, dass du aufhören solltest, wenn es dich an einem bestimmten Tag nicht mehr freut. Generell ist es besser, das Üben in die alltägliche Routine zu integrieren. Das ermöglicht dir nicht nur, schnell dort anzuknüpfen, wo du gestern aufgehört hast, sondern ist auch leichter mit dem Arbeits- und/oder Familienleben vereinbar.

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