Die Theorie hinter Tonleitern: Dein Einstieg in die Welt der Modi

von Elke Galvin April 23, 2024 • 5 Min. Lesezeit
Lerne die Klangcharakteristika für Dur, Moll, Dorisch, Phrygisch, Lydisch und Mixolydisch. Verstehe ihren Aufbau, ihre Verwendung und die Musiktheorie dahinter. Steige in die Welt der Pentatonik ein. Mit Übungen für Klavier, Links zu allen gebräuchlichen Dur- und Molltonleitern und Songs in allen Tonarten.
Tonleitern wie Dur, Moll, Dorisch, Phrygisch, Lydisch und Mixolydisch zu verstehen und ihre Klangwelten zu erfassen eröffnet dir auf dem Klavier eine Fülle an schöpferischen und spielerischen Möglichkeiten. Hier lernst du, alle wichtigen Tonleitern zu spielen und zu bauen. Du erhältst Tipps, Songbeispiele und Übungen, anhand derer du Tonleitern auf dem Klavier anwenden kannst, inklusive einer Einführung in die Pentatonik und ins freie Improvisieren. Geschrieben für leicht Fortgeschrittene und alle die es werden wollen. Viel Spaß!
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Was ist eine Tonleiter?

Oft hört man: "Eine Tonleiter, das sind mehrere aufsteigende Töne in einer Reihe (oder mehrere absteigende Töne)". Das stimmt zwar, aber reicht nicht ganz als Erklärung.

Eine Tonleiter ist eine Folge aus Tönen, die auf- oder absteigend nach einem ganz bestimmten Schema angeordnet sind. Dieses Schema wird bestimmt durch das Tonsystem, das ihr zugrunde liegt. Im westlichen Tonsystem klingen Tonleitern daher anders als etwa in indischen oder arabischen.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit Tonleitern im westlichen Tonsystem.

Das westliche Tonsystem ist in Oktaven organisiert, die aus insgesamt 12 Tönen bestehen. Die gängigsten Tonleitern bestehen aus 7 dieser Töne, in Ganz- und Halbtonschritten organisiert, sowie dem oktavierten ersten Ton. Diese diatonischen Tonleitern lassen sich in allen Oktaven auf dem Klavier genau gleich spielen.


Welche Tonleitern gibt es?

Die häufigsten Tonleitern im westlichen System bestehen aus 7 Tönen (+ dem Oktavton), die pentatonische aus 5 Tönen. Sie haben unterschiedliche Klangqualitäten und unterscheiden sich in der Anordnung ihrer Ganz- und Halbtonschritte.

Zuerst die 7-stufigen Tonleitern:

Dur-Tonleiter: Heiter

Auch ionisch genannt. Die Dur-Tonleiter gilt als hell, heiter, antwortend. Sie verläuft mit Halbtönen von der 3. auf die 4. und von der 7. auf die 8. Stufe. Alle anderen Tonstufen sind Ganztöne. Die Dur-Tonleiter ist die heutzutage am häufigsten verwendete Tonleiter in der Musik. Auf dem Klavier kann man die Dur-Tonleiter von C aus ohne schwarze Tasten spielen, da die Ganz- und Halbtonschritte genau mit C-Dur übereinstimmen.

Moll-Tonleiter: Melancholie

Die Moll-Tonleiter, auch aeolisch genannt, klingt weich ("mollis"), dunkel, melancholisch. Die Halbtöne sind von der 2. auf die 3. Stufe und von der 5. auf die 6. Stufe anzutreffen. Auf dem Klavier kann man die Moll-Tonleiter von A aus ohne schwarze Tasten spielen, da die Ganz- und Halbtonschritte genau mit a-Moll übereinstimmen.

Dorische Tonleiter: Das Kelten-Moll

Die dorische Tonleiter klingt etwas heller als Moll, aber etwas melancholischer als Dur. Die Halbtöne befinden sich zwischen der 2. und 3. Stufe und der 6. und 7. Stufe. Auf dem Klavier spielt man die die dorische Tonleiter vom D ausgehend ohne schwarze Tasten, da die Ganz- und Halbtonschritte von D-Dorisch genau den weißen Tasten entsprechen. In der modernen Musik wird die dorische Tonleiter aufgrund ihrer Klangcharakteristik häufig im Songwriting oder im Funk-Genre verwendet.

Phrygische Tonleiter: Die Düstere

Die phrygische Tonleiter klingt sehr düster und angespannt. Sie wird daher heute gern im Metal-Genre eingesetzt. Die Halbtöne befinden sich zwischen der 1. und 2. Stufe sowie zwischen der 5. und 6. Stufe. Auf dem Klavier kann man die phrygische Tonleiter ohne schwarze Tasten und Vorzeichen ab dem E spielen, da die Ganz- und Halbtonschritte von E-Phrygisch genau der Anordnung der weißen Tasten entsprechen.

Lydische Tonleiter: Die Himmelsleiter

Die lydische Tonleiter klingt hell, transzendent, mystisch und Dur-ähnlich. In der Filmmusik wird sie gern dafür verwendet, wundersame oder übernatürliche Szenen zu unterstreichen. Die Halbtonschritte befinden sich zwischen den Stufen 4 und 5 sowie 7 und 8. Auf dem Klavier entspricht die lydische Tonleiter dem Verlauf der weißen Tasten ab dem F.

Mixolydische Tonleiter: Die Bluesige

Die mixolydische Tonleiter klingt hell, aber etwas kantiger als die helle Dur-Tonleiter. Sie wird häufig im Pop und Jazz verwendet. Ihre Halbtöne: Zwischen der 3. und 4. Stufe sowie zwischen der 6. und 7. Stufe. Auf dem Klavier entspricht die mixolydische Tonleiter dem Verlauf der weißen Tasten ab dem G.


Dies sind die am häufigsten verwendeten Modi, also die Tonleiter-Arten. Um den einzigartigen Klangcharakter jeder Tonleiter zu vergleichen, spiele in der folgenden Übung vom mittleren C ausgehend alle Tonarten hintereinander und vergleiche ihren Klang:

Alle Tonleitern

Natürlich sind diese C-Tonleitern nur ein Beispiel, und du kannst für jede Tonleiter-Art auf jedem Ton unter Beachtung der jeweiligen Ganz- und Halbtonschritte die entsprechende Tonleiter bauen, indem du immer nach diesem Schema vorgehst:

G= Ganztonschritt, H= Halbtonschritt

Tonleiter-Überblick

Allerdings sind manche Tonleitern aufgrund der Häufung ihrer Vorzeichen ungebräuchlich und werden durch die jeweils enharmonisch einfachere Tonart ersetzt. Welche Tonarten solltest du unbedingt auf dem Klavier üben und spielen können?

Die gebräuchlichsten Dur-Tonleitern


Die gebräuchlichsten Moll-Tonleitern

Die Töne in Tonleitern und auch die Tonleitern selbst stehen in unserem westlichen Tonsystem in enger Beziehung zueinander. Wie genau diese Beziehungen aussehen, kannst du im Quintenzirkel ablesen.


Pentatonik-Tonleitern - Zaubern mit Melodien

Pentatonische Tonleitern bestehen nicht aus 7 Tönen, sondern nur aus 5:

Grundton - 2. Stufe - 3. Stufe - 5. Stufe - 6. Stufe

Hier spielst du zuerst die pentatonische C-Dur Tonleiter, und dann, zufällig durcheinandergewürfelt, die Töne dieser Tonleiter. Fällt dir dabei etwas auf?

Pentatonik-Übung

Das klang doch ... fast schon wie ein Song?

Improvisieren mit Pentatonik

Tatsächlich basieren viele Stücke oder Soli auf pentatonischen Tonleitern. Ihr Geheimnis ist, dass - ohne die "Störenfriede" Quart und Septime - alle Töne miteinander harmonieren.

Pentatonische Tonleitern gibt es in Dur und Moll bzw. als Blues-Skalen. Mann kann mit Übung hübsche Melodien aus ihnen entwickeln, während man in der anderen Hand den dazugehörigen Akkord spielt. Wenn du dich damit beschäftigst, bist du bereits auf dem Weg zur freien Improvisation.

Songs, Songs, Songs

In der heutigen Musiklandschaft sind all die "alten" Tonleitern noch im Einsatz, und mit etwas Gehörtraining wirst du sie heraushören. Oft triffst du sie jedoch nicht als Haupt-Tonarten an, sondern z.B. im Refrain, um diesen vom Rest des Songs abheben oder in einem Melodie-Riff, um dem Song einen bestimmten Charakter zu verleihen. In der Filmmusik moduliert die Tonart häufig, wenn eine bestimmte Figur auftritt.

In diesen 10 ausgewählten Songs kommen Kirchentonarten zum Einsatz.

  1. Erkennst du, um welche es sich jeweils handelt?
  2. Hörst du, an welcher Stelle sie jeweils von Dur/Moll abweichen?
  3. Wenn du willst, spiele die entsprechende Stelle auf dem Klavier - und verändere sie dann in Richtung Dur/Moll. Was ändert sich im Hörerlebnis?

AUTORIN
Elke Galvin
Elke Galvin ist britisch-österreichische Sängerin und Multiinstrumentalistin. Sie arbeitet seit über 25 Jahren sowohl als Musikerin als auch als Journalistin. Sie ist nicht nur Songwriterin, sondern liebt es auch, über Musik zu schreiben! Ihre Leidenschaft ist es, Musiktheorie leicht verständlich zu machen, über Musikstile zu schreiben, über Musik und das Gehirn, und darüber, wie man Spaß am Lernen und Spielen von Musik hat.

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